Hurra! Endlich ist es soweit! Das neue Rundschreiben Nr. 11/2021 des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung wurde endlich veröffentlicht. Auch wenn der schwer zu lesende Titel Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten mit Behinderungen, chronischen Krankheiten etc. Angemessene Vorkehrungen für Prüfungskandidatinnen und Prüfungskandidaten im Rahmen abschließender Prüfungen nicht darauf hindeutet, dass auch Informationen zu Schülerinnen und Schüler mit Lernstörungen enthalten sind, gibt es dennoch sehr spannende Abschnitte für diese Schülergruppe.
An dieser Stelle möchte ich euch die wichtigsten Inhalte des Rundschreibens vorstellen.
Wie in fast allen Erlässen hat man es auch dieses Mal nicht geschafft, einfache Fragen mit einem klaren Ja oder Nein zu beantworten. Auch dieser Erlass lässt wieder einmal Raum für Diskussionen. Nutzen wir also die Wischiwaschi-Sprache der Beamten zu unserem Vorteil und Interpretieren das Schreiben zugunsten der betroffenen Schülerinnen und Schüler.
Hierzu also der erste Auszug aus dem Rundschreiben:
Wurde im Schulalltag eine Beeinträchtigung, die geeignet ist, Prüfungsergebnisse zu beeinflussen, festgestellt und entsprechend berücksichtigt, so gilt dies auch für die abschließenden Prüfungen. Relevante Hilfestellungen, die im Schulalltag zum Einsatz kamen, sind auch bei den abschließenden Prüfungen anzuwenden.
Bei Kandidatinnen und Kandidaten der BRP, Externistenreifeprüfung bzw. Externistenreife- und Diplomprüfung kann eine derartige Beeinträchtigung im Schulalltag nicht festgestellt und berücksichtigt werden. Wünscht eine Prüfungskandidatin/ein Prüfungskandidat aufgrund einer Beeinträchtigung die Anpassung der Rahmenbedingungen bei der BRP, so ist im Zweifelsfall ein entsprechendes Gutachten zu erbringen.
Gutachten müssen immer von Personen bzw. Institutionen ausgestellt werden, die dafür fachlich zuständig sind (z.B. entsprechende Fachärztinnen und Fachärzte, klinische Psychologinnen und Psychologen).
Meine Interpretation und somit klare Antwort auf die oben gestellte Frage:
Nein, es ist kein ärztliches Gutachten erforderlich. Die Beeinträchtigung ist im Schulalltag von den Lehrkräften festzustellen.
Für Kandidatinnen und Kandidaten einer Externistenprüfung kann im Zweifelsfall ein Gutachten eingefordert werden, muss aber nicht.
Es steht nicht ausdrücklich im Schreiben, dass es sich um ein klinisch-psychologisches Gutachten handeln muss. Folglich ist ein pädagogisches Gutachten z. B. einer Therapeutin für Lernstörungen ausreichend.
Für Prüfungskandidatinnen und -kandidaten mit Legasthenie gibt es deutliche Erleichterungen:
Zusätzlich können die digital zur Verfügung gestellten Klausuraufgaben angepasst und technisch adaptiert werden. Im Rundschreiben genannte Beispiele:
Leider gibt es für Prüfungskandidatinnen und -kandidaten mit Dyskalkulie keinerlei Erleichterungen, da man anscheinend der Meinung war, der allgemein gültige Gebrauch von technischen Hilfsmitteln, wie Taschenrechner und GeoGebra, sei ausreichend.
Im Falle einer Rechenschwäche ist es nicht notwendig, dass die Rahmenbedingungen bei der abschließenden Prüfung am Prüfungsstandort angepasst werden.
Schade, zumindest eine individuelle Verlängerung der Arbeitszeit hätte man einräumen können.
Es freut mich, dass auch in diesem Rundschreiben wieder zu lesen ist, dass die Verantwortung, eine Beeinträchtigung zu erkennen, bei den Lehrkräften liegt und diese Beeinträchtigung, welcher Art auch immer, unabhängig von einem außerschulischen Gutachten entsprechend zu berücksichtigen ist.
Es ist schön, dass es nun auch für ältere Schülerinnen und Schüler klare Richtlinien gibt, an die sich die einzelnen Schulen zu halten haben.
In diesem Zusammenhang wünsche ich allen Maturantinnen und Maturanten alles Gute für ihre Abschlussprüfung, insbesondere denen mit einer Lernstörung! Hut ab, ihr habt es soweit geschafft, ihr werdet noch viel mehr erreichen!
Für alle, die die Details nachlesen möchten, geht es hier zum Rundschreiben.